
Fast Fashion und die zerstörerische Gier nach billiger Kleidung
Wenn man Menschen nach ihrer Meinung zu Maßnahmen gegen den Klimawandel fragt, hört man oft: „Die anderen machen viel weniger und schaden dem Klima mehr.“ Niemand erkennt, dass wir allein durch unser tägliches Konsumverhalten die Umwelt und Menschen in Asien, China und Afrika erheblich schädigen. Ich möchte ein besonders drastisches Thema aus der Textilindustrie beleuchten.
Jedes Jahr kaufen wir Milliarden Kleidungsstücke, die oft nur wenige Monate getragen und dann weggeworfen werden. Modekonzerne locken mit T-Shirts für 5 Euro und Jeans für 20 Euro. Während wir in Europa und den USA von günstigen Preisen profitieren, zahlen Menschen und Umwelt in Asien und Afrika den wahren Preis.
Gift für Flüsse, Böden und Menschen
Die Textilindustrie gehört zu den umweltschädlichsten Branchen der Welt. Besonders betroffen sind Länder wie Indonesien, Bangladesch, Indien und China, wo riesige Mengen an Abwässern voller giftiger Chemikalien direkt in Flüsse geleitet werden. Ein Beispiel ist der indonesische Citarum-Fluss, der als der schmutzigste Fluss der Welt gilt. Hier wurden Schwermetalle wie Blei, Quecksilber und Cadmium in extrem hohen Konzentrationen nachgewiesen. Diese Gifte verseuchen das Trinkwasser, schädigen die Gesundheit der Menschen und zerstören die Landwirtschaft. Reis, Spinat und Sellerie aus diesen Regionen enthalten teilweise bis zu 120-mal höhere Schwermetallwerte als erlaubt.
Menschen als Wegwerfware der Modeindustrie
Nicht nur die Natur leidet, sondern auch die Arbeiterinnen und Arbeiter, die unter sklavenähnlichen Bedingungen unsere Kleidung produzieren. Näherinnen in Bangladesch verdienen oft weniger als 3 Euro pro Tag – nicht genug für ein menschenwürdiges Leben. In Ländern wie Äthiopien sind die Löhne sogar noch niedriger. Lange Arbeitszeiten, giftige Dämpfe, unbezahlte Überstunden und fehlende Sicherheitsstandards gehören zum Alltag. Katastrophen wie der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch im Jahr 2013, bei dem über 1.100 Menschen starben, zeigen die brutalen Folgen unseres Kaufverhaltens.
Altkleiderflut in Afrika – Unser Müll wird zum Problem anderer
Während in Asien die Mode für unseren Konsum produziert wird, landet ein großer Teil unserer aussortierten Kleidung in Afrika – als angebliche „Spende“. Doch viele Altkleider sind von schlechter Qualität, untragbar oder landen sofort auf Mülldeponien. In Ländern wie Ghana und Kenia türmen sich Berge von Textilmüll, die Strände und Städte verschmutzen. Der massive Import gebrauchter Kleidung zerstört zudem die lokale Textilindustrie, da afrikanische Hersteller nicht mit den Billig-Kleidern aus Europa und den USA konkurrieren können.
Wir haben die Wahl – und die Verantwortung
Unser exzessiver Konsum ist eine ökologische und soziale Katastrophe. Doch es gibt Alternativen: Weniger kaufen, bewusst konsumieren, faire Mode unterstützen und Secondhand wählen. Modeketten werden sich nur ändern, wenn wir als Verbraucher Druck machen und unseren Konsum überdenken. Billige Kleidung gibt es nicht – jemand anderes zahlt immer den Preis dafür.
Citarum, die größte Kloake weltweit, eine folge unseres Konsums
Der Citarum-Fluss in Indonesien zählt zu den am stärksten verschmutzten Flüssen weltweit. Hauptverursacher ist die Textilindustrie, die entlang des Flusses angesiedelt ist und täglich große Mengen ungeklärter, giftiger Abwässer einleitet. Die indonesische Regierung versucht im Rahmen des Projekts „Citarum Harum“, den Zustand des Flusses zu verbessern. Es bleibt jedoch unklar, welche Unternehmen dort produzieren und welche Modeketten die dort gefertigten Stoffe und Textilien importieren.
Entlang des Citarum-Flusses betreiben mehr als 200 Textilfabriken ihre Produktion und leiten Farbstoffe sowie giftige Chemikalien in den Fluss. Abwasserproben zeigen gefährliche Substanzen wie Blei, Quecksilber, Nonylphenol und Tributylphosphat, die sowohl die Umwelt als auch die Gesundheit der Anwohner erheblich beeinträchtigen. In den letzten Jahrzehnten sind 60 Prozent der im Citarum-Fluss lebenden Fische ausgestorben.
Untersuchungen zeigen alarmierende Schadstoffwerte in Wasserproben, Haaranalysen und Lebensmitteln.
Wasserproben
Forscher fanden in Wasserproben des Citarum-Flusses gefährliche Konzentrationen von Schwermetallen und Chemikalien. Die Bleikonzentrationen überschreiten die von der US-Umweltschutzbehörde festgelegten Sicherheitsstandards um das 1.000-Fache. Weitere nachgewiesene Schadstoffe sind Quecksilber, Cadmium, Nonylphenol und Tributylphosphat. Diese Substanzen können ernsthafte Gesundheitsprobleme verursachen und die Umwelt stark belasten.
Haaranalysen
Haaranalysen bei Kindern, die in der Nähe des Citarum-Flusses leben, verdeutlichen das Ausmaß der Schadstoffbelastung. Die Proben enthalten über 50 verschiedene Schadstoffe, darunter Weichmacher und Neurotoxine. Einige dieser Neurotoxine, die in der Textilindustrie zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden, sind bekannt dafür, das Nervensystem zu schädigen.
Lebensmitteluntersuchungen
Landwirtschaftliche Flächen entlang des Citarum-Flusses nutzen das kontaminierte Wasser zur Bewässerung, was zu einer Anreicherung von Schadstoffen in Nutzpflanzen führt. Untersuchungen zeigen, dass Reispflanzen in der Umgebung Bleikonzentrationen aufweisen, die den Grenzwert um das 120-Fache überschreiten. Der Verzehr solcher belasteter Lebensmittel stellt ein erhebliches Gesundheitsrisiko für die lokale Bevölkerung dar.
Diese Untersuchungsergebnisse verdeutlichen die dringende Notwendigkeit, Maßnahmen zur Reduzierung der Umweltverschmutzung im Citarum-Fluss zu ergreifen, um die Gesundheit der Anwohner zu schützen und die landwirtschaftliche Produktion sicherzustellen.
Ein prominentes Beispiel für ein Unternehmen in dieser Region ist PT Gistex. Dieses Unternehmen färbt, bedruckt und wäscht Textilien. Untersuchungen von Greenpeace haben in den Abwässern von PT Gistex hohe pH-Werte sowie das hormonschädigende Nonylphenol und das hochgiftige Tributylphosphat festgestellt. Exportunterlagen zufolge lassen internationale Modemarken wie Gap, Brooks Brothers, Adidas und H&M dort Textilien herstellen.
Die Präsenz dieser globalen Marken in der Region wirft Fragen hinsichtlich ihrer Verantwortung für die Umweltverschmutzung auf. Einige Unternehmen haben Schritte unternommen, um ihre Lieferketten zu überwachen und umweltfreundlichere Praktiken zu implementieren. Die tatsächliche Umsetzung bleibt jedoch oft hinter den Erwartungen zurück. Die indonesische Regierung hat mit dem „Citarum Harum“-Projekt Maßnahmen ergriffen, um den Fluss zu reinigen und die Einleitung von Schadstoffen zu reduzieren. Die effektive Durchsetzung von Umweltstandards und die Zusammenarbeit mit internationalen Unternehmen sind entscheidend, um nachhaltige Verbesserungen zu erzielen.
Sowohl die indonesische Regierung als auch die internationalen Modekonzerne müssen gemeinsam Verantwortung übernehmen. Nur durch transparente Lieferketten, strikte Umweltauflagen und konsequente Kontrollen kann die Verschmutzung des Citarum-Flusses langfristig reduziert und die Lebensqualität der Anwohner verbessert werden.
Welche Auswirkungen hat eine effektive Abwasserreinigung auf den Preis?
Die Kosten für ein T-Shirt steigen, wenn Modefirmen ihre Abwässer gründlich klären. Doch wie stark fällt dieser Anstieg aus? Wir betrachten die wichtigsten Kostenfaktoren:
1. Abwasserklärungskosten in der Textilindustrie
– Aktuelle Kosten ohne Klärung:
Viele Fabriken leiten ihr Abwasser ungeklärt in Flüsse. Die Kosten für minimale oder keine Klärung sind daher sehr niedrig.
– Investitionen für optimale Klärung:
Umweltstudien zeigen, dass eine moderne
Abwasseranlage für mittelgroße Textilfabriken 1 bis 5 Millionen USD kostet. Die jährlichen Betriebskosten betragen 5-15 % der Investition.
– Prozesskosten der Klärung:
Laut einem World Bank-Bericht liegen die Kosten für die Abwasseraufbereitung bei 0,05 bis 0,20 USD pro Liter. Eine Fabrik, die täglich 10.000 m³ Abwasser produziert, zahlt 500.000 bis 2 Millionen USD jährlich.
2. Auswirkungen auf die Produktionskosten eines T-Shirts
Ein T-Shirt aus Indonesien kostet in der Herstellung 3 bis 5 USD (Material, Arbeitskraft, Logistik, Betrieb). Der Anteil der Abwasserentsorgung ist minimal, da viele Fabriken Umweltvorschriften umgehen.
Preisanstieg durch optimierte Abwasserklärung
– Legen Fabriken die Klärungskosten auf die Produktion um, steigen die Herstellungskosten pro T-Shirt um 0,50 bis 2 USD.
– Dies bedeutet einen Anstieg der Produktionskosten um 10-40 %.
3. Auswirkungen auf den Endkundenpreis
– Fast Fashion-Ketten wie H&M oder Zara verkaufen T-Shirts für 10-20 USD.
– Höhere Produktionskosten könnten den Verkaufspreis um 2 bis 5 USD erhöhen.
– Hochwertige Marken mit größeren Gewinnmargen könnten den Preis leichter anpassen.
4. Fazit: Ist ein Preisanstieg tragbar?
Ja. Ein T-Shirt, das heute 15 USD kostet, könnte mit sauberer Produktion 17-20 USD kosten. Dies wäre für Verbraucher akzeptabel, wenn Modefirmen Transparenz schaffen und Umweltbewusstsein fördern.
Die eigentliche Frage lautet: Sind Modekonzerne bereit, diesen Preis zu zahlen – oder produzieren sie weiterhin auf Kosten der Umwelt?
Bildquellen
- textilindustrie_indonesien: KI generiert


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