
Donald Trump – Wie kam die Abrissbirne ins Weißen Haus
Vom Konservatismus zur Konfrontation: Die Radikalisierung der Republikanischen Partei
1981 trat Ronald Reagan als Präsident an und verkörperte ein konservatives Amerika: marktwirtschaftlich, antikommunistisch, gesellschaftlich traditionell, aber optimistisch. Heute, über vier Jahrzehnte später, führt ein Mann die Republikaner, der das politische Establishment verspottet, den „tiefen Staat“ bekämpft und die Gewaltenteilung infrage stellt. Seine Präsidentschaft (2017–2021 und erneut seit 2025) hinterlässt tiefe Spuren in der amerikanischen Demokratie. Diese Entwicklung ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer schrittweisen, strategischen und medial beschleunigten Radikalisierung der GOP, in der Akteure wie die Tea Party, die Koch-Brüder, Fox News und Newt Gingrich eine Schlüsselrolle spielen.
Die Ära Reagan: Der Beginn eines konservativen Mythos
Ronald Reagan formte die „Reagan-Koalition“: religiöse Evangelikale, wirtschaftsliberale Eliten, außenpolitische Falken. Seine Rhetorik war patriotisch, seine Politik neoliberal:
– Steuersenkungen („Trickle-down economics“)
– Deregulierung der Märkte
– Antigewerkschaftliche Haltung (PATCO-Streik)
– Antikommunismus als moralische Pflicht
Doch der Wandel begann: Reagan nutzte gezielt kulturelle Kodierungen („welfare queens“, „law and order“), die unterschwellig rassistisch waren. Der Ton war gesetzt.
Newt Gingrich: Die Zerstörung des politischen Kompromisses
In den 1990er-Jahren setzte Newt Gingrich, Sprecher des Repräsentantenhauses, neue Maßstäbe: politische Auseinandersetzung wurde zur totalen Konfrontation.
– Er führte Feindbild-Rhetorik ein („liberals as traitors“).
– Er sabotierte parlamentarische Zusammenarbeit, um das Vertrauen in den Kongress zu untergraben.
– Gingrich förderte eine neue politische Kultur, die Wut statt Kompromissfähigkeit belohnte.
Er legte damit die Grundarchitektur für eine GOP, die Kompromiss als Schwäche und Opposition als Bedrohung deutet.
Fox News & das Medien-Ökosystem der Rechten
Mit der Gründung von Fox News 1996 durch Rupert Murdoch entstand ein eigenes Medienuniversum:
– Nachricht und Meinung wurden bewusst vermischt.
– Politische Gegner wurden dämonisiert („war on Christmas“, „deep state“, „liberal elites“).
– Fox wurde zur Meinungsmaschine der GOP (Republikaner) – und später zum Sprachrohr Trumps.
Andere Plattformen wie Breitbart, OANN, Truth Social und rechte Talkradio-Hosts wie Rush Limbaugh vertieften diese Entwicklung. Die Grenze zwischen Nachricht und Propaganda verschwamm.

Die Koch-Brüder, Americans for Prosperity & der libertäre Schattenstaat
Charles und David Koch, milliardenschwere Industrielle, gründeten und finanzierten ein Netzwerk aus Thinktanks, Lobbyorganisationen und Aktivisten:
– Ziel: Begrenzung des Staates, Deregulierung, Ablehnung von Umweltgesetzen, Privatisierung
– Instrument: Americans for Prosperity (AFP), als Graswurzelbewegung inszeniert, tatsächlich top-down gesteuert
– Mit AFP und der Cato Foundation etablierten sie ein quasi-parlamentarisches Paralleluniversum
Die Kochs bauten damit die ideologische Infrastruktur der Radikalisierung, während sie die republikanische Basis mit finanzieller Schlagkraft und Datenoperationen (z.B. über i360) versorgten.
Die Tea-Party-Bewegung: Wut wird Politik
Die Finanzkrise 2008/09 und die Wahl Barack Obamas radikalisierten die konservative Basis weiter:
– Die Tea Party entstand aus Wut auf „bailouts“, Steuerpolitik und vor allem: Obamas Präsidentschaft als Symbol der Veränderung.
– Es war eine Bewegung gegen „die Eliten“ – aber auch gegen ein multikulturelles, progressives Amerika.
– Viele ihrer Figuren – z.B. Ted Cruz, Rand Paul – wurden Senatoren; später öffneten sie die Türen für radikalere Kräfte.
Hier wurde Trumpismus als Haltung geboren, lange vor Trump selbst.
Beispiel 1: Wahlerfolg von Rand Paul (Kentucky, 2010)
Rand Paul – ein prominenter Vertreter libertärer Ideen – wurde 2010 mit massiver Unterstützung der Tea Party in den US-Senat gewählt. Seine Kampagne stand ganz im Zeichen des Widerstands gegen „Big Government“ und Staatsverschuldung.
Rand Pauls Erfolg zeigte, dass Tea-Party-Kandidaten das republikanische Establishment herausfordern und gewinnen konnten – ein Vorläufer für Trumps Strategie 2016.
Beispiel 2: Blockade der Gesundheitsreform (2013 „Government Shutdown“)
2013 forderten Tea-Party-Abgeordnete im Repräsentantenhaus (u.a. Ted Cruz), die Finanzierung von Obamacare zu stoppen. Ihre Blockade führte zum vorübergehenden Shutdown der Bundesregierung.
Die Tea Party bewies, dass sie bereit war, den Staat lahmzulegen, um ihre Ziele durchzusetzen – ein Bruch mit traditioneller Regierungsverantwortung.
Charlottesville und die Entgrenzung nach rechts
2017 marschierten Neonazis, Alt-Right-Anhänger und weiße Nationalisten in Charlottesville (Virginia), unter dem Motto „Unite the Right“. Anlass war die geplante, vom Stadtrat beschlossene Entfernung eines Reiterstandbildes für den konföderierten General Robert E. Lee. Nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung lenkte James Alex Fields jr., der zuvor an der Neonazi-Demonstration teilgenommen hatte, absichtlich sein Auto in eine Gruppe von Gegendemonstranten. Dabei tötete er die 32-jährige Heather Heyer und verletzte mindestens 19 Menschen. Kurz darauf nahm die Polizei ihn fest.
– Trump reagierte mit: *„on both sides“* – und relativierte die Gewalt der Rechten.
– Für viele war das ein Dammbruch: Der Präsident der USA stellte sich nicht entschieden gegen Rassismus und Hass, sondern relativierte ihn.
Charlottesville war ein Wendepunkt: Die Radikalen sahen sich bestätigt – die GOP schwieg größtenteils.
Der Sturm auf das Kapitol
Am 6. Januar 2021 erschütterte ein beispielloser Angriff die Demokratie der Vereinigten Staaten: Hunderte Anhänger des damaligen US-Präsidenten Donald Trump stürmten das Kapitol in Washington D.C., während der Kongress die Wahlergebnisse der Präsidentschaftswahl 2020 bestätigte.
Nur Minuten zuvor hatte Trump in einer emotional aufgeladenen Rede nahe dem Weißen Haus unbelegte Behauptungen über massiven Wahlbetrug wiederholt. Er forderte seine Anhänger auf, „stark“ zu sein und zum Kapitol zu marschieren, um sich ihre „gestohlene Wahl“ zurückzuholen. Viele sahen in seinen Worten eine direkte Aufforderung zur Gewalt.
Was folgte, war ein historischer Moment der Eskalation: Demonstranten durchbrachen Absperrungen, stürmten das Kapitol und unterbrachen die Zertifizierung von Joe Bidens Wahlsieg. Fünf Menschen starben, Dutzende wurden verletzt.
Der Sturm auf das Kapitol markiert eines der dunkelsten Kapitel der amerikanischen Demokratie. Trumps Rolle bei der Eskalation führte zu einem zweiten Amtsenthebungsverfahren wegen „Anstiftung zum Aufruhr“, das jedoch im Senat scheiterte.
Bis heute werfen die Ereignisse vom 6. Januar einen langen Schatten auf die USA. Sie zeigen, wie gefährlich Radikalisierung durch Desinformation und populistische Rhetorik selbst in einer gefestigten Demokratie sein kann.
Marjorie Taylor Greene & das Zeitalter der Verschwörung
Mit Figuren wie Marjorie Taylor Greene (MTG) ist die Partei im Zeitalter der Verschwörungsmythen angekommen:
– Greene verbreitete QAnon-Inhalte, hetzte gegen Muslime, Demokraten und Impfungen.
– Statt sanktioniert zu werden, wurde sie in Ausschüsse berufen, von Trump unterstützt.
– MTG ist nicht das Problem der Partei – sie ist ein Symptom ihrer Transformation.
Fazit: Die GOP als autoritäre Bewegung
Die Republikanische Partei ist nicht mehr die Partei Reagans. Sie ist nicht nur konservativ. Sie ist:
– Anti-institutionell
– Anti-pluralistisch
– Personalistisch (Trump-zentriert)
– Mediengesteuert
– Extrem fragmentiert und radikalisiert
Die Radikalisierung der GOP hat Donald Trump nicht zufällig, sondern strukturell ins Weiße Haus gespült – und ihn dort bis heute gehalten. Sie wurde durch jahrzehntelangen politischen, medialen und finanziellen Druck vorbereitet.
Bildquellen
- Titelbild: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay
- Screenshot: arte – noch 2 Tage USA – Der Aufstieg der Ultrarechten
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- abrissbirne_trump: KI generiert


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