Asylrecht, Asylverfahren
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Die hässliche Fratze der Union. Wie angebliche Christen nationales und internationales Asylrecht aushebeln wollen.

Jens Spahn ist der Meinung das die Genfer Flüchtlingskonvention nicht verlange Asylrecht innerhalb der EU zu gewähren. Die Debatte um die Verlagerung von Asylverfahren in Drittstaaten, besonders nach Ruanda, hat in Deutschland heftige Diskussionen ausgelöst. Jens Spahn, der Unions-Fraktionsvize der CDU, unterstützt diesen Ansatz. Er behauptet, dass die Verlagerung von Asylverfahren nach Ländern wie Ruanda, Ghana oder osteuropäische Nicht-EU-Staaten wie Georgien oder Moldawien die Zahl der Flüchtlinge, die die EU erreichen, deutlich senken würde. Spahn meint, diese Maßnahme könne irreguläre Migration eindämmen und den humanitären Druck auf Europa verringern (ZDFmediathek) (BR.de).

Spahn betont, die Genfer Flüchtlingskonvention verlange nicht, dass Schutz vor Verfolgung innerhalb der EU gewährt werden müsse. Solange Drittstaaten sichere Schutzräume bieten, in denen Flüchtlinge gut versorgt und ohne Angst leben können, sei das Ziel der Konvention erfüllt. Er sieht darin eine humanitäre Lösung, die Deutschland ermögliche, wirklich Schutzbedürftige aufzunehmen.

Zitat: „Wenn wir nur Länder wie Deutschland oder die Schweiz als Partner akzeptieren, werden wir kaum Partner für Migrationsabkommen finden. Entscheidend ist, dass politisch Verfolgte und Kriegsflüchtlinge Schutzräume erhalten, dass es rechtsstaatliche, faire Verfahren gibt und eine gute Versorgung sowie Unterkunft gewährleistet sind.“
Damit korrespondiert die Präambel des CDU-Grundsatzprogrammes nicht zwingend. Darin heißt es: Die CDU orientiert sich „am christlichen Bild vom Menschen und seiner unantastbaren Würde und davon ausgehend an den Grundwerten Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit.“

Auch Alexander Dobrindt äußert sich zum Thema Ruanda:
„In Ruanda habe ich festgestellt, dass die Regierung bereit ist, ein Migrationsabkommen mit Deutschland zu schließen. Ruanda zeigt sich offen dafür.“

Alexander Throm bemerkt:
„Im Mai besuchte ich mit den Kollegen Spahn und Krings Ruanda. Wir gewannen dort einen bemerkenswerten Eindruck: sicher, gut und organisiert. Wir sollten an dem Projekt festhalten und die Vorarbeit unserer britischen Partner nutzen.“

Doch dieser Vorschlag stößt auf erhebliche rechtliche und humanitäre Bedenken. Fachleute und Menschenrechtsorganisationen warnen, dass die Einhaltung europäischer Asyl- und Menschenrechtsstandards in Drittstaaten wie Ruanda nicht gewährleistet werden könne. Es gibt Zweifel daran, dass diese Länder die notwendige Infrastruktur und den politischen Willen haben, um faire und effektive Asylverfahren durchzuführen.

Ähnliche Pläne in Großbritannien und Italien haben ebenfalls zu heftigen Debatten und rechtlichen Herausforderungen geführt. Großbritannien hatte ein Abkommen mit Ruanda unterzeichnet, das jedoch vom Obersten Gerichtshof als illegal eingestuft wurde. Auch Italien hat ein umstrittenes Abkommen mit Albanien geschlossen, das derzeit von albanischen Gerichten blockiert wird.

Insgesamt bleibt die Frage, ob die Verlagerung von Asylverfahren nach Ruanda oder andere Drittstaaten eine praktikable und rechtlich vertretbare Lösung ist. Die Bedenken hinsichtlich der Einhaltung von Menschenrechten und der Effizienz solcher Verfahren müssen sorgfältig abgewogen werden, bevor solche Maßnahmen umgesetzt werden.

Zu diesem Thema berichtete jetzt auch umfangreich das politische Magazin Monitor vom 11.07.2024 | ARD.

Aus der Sicht von Jens Spahn spricht nichts dagegen Asylverfahren nach Ruanda auszulagern, „Ruanda gilt schließlich als einer der stabilsten Staaten Afrikas.“
Hat er sich durch die Führung im Hope Hostell blenden lassen? Die ca. 135.000 Flüchtlinge aus Nachbarstaaten, insbesondere der Demokratischen Republik Kongo (DRC) leben dann doch in eher prekären Verhältnissen.

Asylrecht Ruanda
Quelle: Monitor, ARD
Asylrecht, Ruanda
Hope Hostel
Asylrecht, Abschiebung nach Ruanda
In kleinen Lehmhütten leben ca. 10 Menschen

Ruanda wird seit dem Ende des Völkermords 1994 von der Rwandan Patriotic Front (RPF) unter der Führung von Präsident Paul Kagame regiert. Die politische Landschaft des Landes ist von starker Kontrolle und Unterdrückung der Opposition geprägt. Kritiker und oppositionelle Parteien stehen unter erheblichem Druck, oft begleitet von Inhaftierungen, Folter und anderen Menschenrechtsverletzungen. Wichtige oppositionelle Persönlichkeiten wie Théophile Ntirutwa und Christopher Kayumba wurden inhaftiert und verurteilt, wobei Vorwürfe von Folter und unfairen Prozessen bestehen.
[World Report 2024: Rwanda | Human Rights Watch]
[Rwanda: Respect Rights During Elections | Human Rights Watch]

Die Medienfreiheit in Ruanda ist stark eingeschränkt. Journalisten, die sich kritisch über die Regierung äußern, sehen sich mit Einschüchterungen, Verhaftungen und Schikanen konfrontiert. Es gibt zahlreiche Berichte über den Missbrauch von Gesetzen zur Medienregulierung, um unliebsame Berichterstattung zu unterbinden, und viele Journalisten arbeiten im Exil, um Repressalien zu entgehen .

Ein weiteres bemerkenswertes Thema ist die bevorstehende Wahl im Juli 2024, die als streng kontrolliertes Wahlverfahren betrachtet wird. Präsident Kagame, der bereits seit fast 30 Jahren an der Macht ist, wird voraussichtlich erneut antreten. Die letzten Wahlen wurden von internationalen Beobachtern als unregelmäßig und von Einschüchterung geprägt beschrieben. (16.07.2024: Nach Auszählung von knapp 79 Prozent aller Stimmen kommt Kagame auf mehr als 99 Prozent.)
[Rwanda: July 15 2024 Elections]

Im Bereich der Flüchtlinge beherbergt Ruanda eine bedeutende Anzahl von Menschen aus Nachbarländern, insbesondere aus der Demokratischen Republik Kongo (DRC). Die politischen Spannungen und Konflikte in der DRC haben zur Vertreibung von über einer Million Menschen geführt, von denen viele in Ruanda Zuflucht gesucht haben. Die humanitäre Lage dieser Flüchtlinge bleibt prekär, und es gibt Berichte über politisierte Flüchtlingsrechte und Androhungen von Massenabschiebungen durch die ruandische Regierung.
[Rwanda: Respect Rights During Elections | Human Rights Watch]
[World Report 2024: Rwanda | Human Rights Watch]

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die politische Situation in Ruanda von autoritärer Kontrolle, Menschenrechtsverletzungen und eingeschränkter Meinungsfreiheit geprägt ist. Die Regierung unter Kagame hat zwar wirtschaftliche Fortschritte erzielt, diese jedoch auf Kosten grundlegender politischer und bürgerlicher Freiheiten.

Das Konzept, Asylverfahren nicht mehr in Deutschland, sondern in Drittstaaten durchzuführen, wird oft als „Offshoring“ bezeichnet. Es hat weitreichende rechtliche, ethische und praktische Implikationen:

1. Rechtliche Aspekte
– Völkerrecht: Laut der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und ihrem Protokoll von 1967 sind Staaten verpflichtet, Flüchtlingen Schutz zu gewähren und Asylverfahren durchzuführen. Die Verlagerung solcher Verfahren in Drittstaaten könnte diese Verpflichtungen untergraben, insbesondere wenn die Drittstaaten nicht die gleichen Schutzstandards bieten.
– Europäisches Recht: Die Dublin-III-Verordnung der EU regelt, welcher Mitgliedstaat für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist. Eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten würde dieses System umgehen und könnte gegen EU-Recht verstoßen.

2. Menschenrechte
– Schutzstandards: In Drittstaaten könnten Flüchtlinge nicht denselben Schutz und dieselben Rechte genießen wie in Deutschland. Dies betrifft insbesondere Zugang zu fairen und effizienten Asylverfahren, Rechtsschutz und menschenwürdige Lebensbedingungen.
– Non-Refoulement: Das Prinzip des Non-Refoulement verbietet die Rückführung von Flüchtlingen in Länder, in denen ihnen Verfolgung oder ernsthafter Schaden droht. Drittstaaten, die Asylverfahren durchführen, müssten ebenfalls dieses Prinzip achten, was nicht immer gewährleistet ist.

3. Praktische Herausforderungen
– Umsetzung und Kontrolle: Die Durchführung und Überwachung von Asylverfahren in Drittstaaten stellt erhebliche administrative und logistische Herausforderungen dar. Deutschland müsste sicherstellen, dass die Drittstaaten die Asylverfahren gemäß internationalen Standards durchführen.
– Internationale Kooperation: Eine solche Politik erfordert umfassende bilaterale oder multilaterale Abkommen mit Drittstaaten, die bereit sind, Asylsuchende aufzunehmen und die Verfahren durchzuführen. Dies ist politisch oft schwer zu erreichen.

4. Ethische Überlegungen
– Humanitäre Verantwortung: Kritiker argumentieren, dass die Verlagerung von Asylverfahren die humanitäre Verantwortung Deutschlands und anderer europäischer Staaten aushöhlt und Flüchtlinge in möglicherweise unsichere und unzureichend ausgestattete Umgebungen abdrängt.

Bildquellen

  • Asylrecht: ARD, Monitor
  • Screenshot: ARD, Monitor
  • Screenshot: ARD Monitor
  • ruanda – Asylrecht, Asylverfahren: Bild von Markéta Boušková auf Pixabay
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