Nordatlantikstroms (Amoc, Atlantic Meridional Overturning Circulation)
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Der Amoc-Kipppunkt: Warum die Zukunft des globalen Klimas von einer Meeresströmung abhängt

Amoc ist die Abkürzung für Atlantische meridionale Umwälzzirkulation, ein System von Meeresströmungen, das warmes Wasser und Energie aus den Tropen nach Norden transportiert. Der Amoc funktioniert wie eine riesige Zentralheizung für das Klima in Nord- und Westeuropa².

Die neue niederländische Studie, die in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht wurde, zeigt mit Hilfe eines hochauflösenden Klimamodells, dass Amoc einen Kipppunkt haben könnte, der noch in diesem Jahrhundert erreicht werden könnte. Das bedeutet, dass die Meeresströmung irreversibel zusammenbricht, wenn eine bestimmte Schwelle der Erwärmung oder des Süßwassereintrags überschritten wird.

Die Studie hat auch ein physikalisch basiertes Frühwarnsystem entwickelt, das die Annäherung an den Kipppunkt erkennt. Es basiert auf Veränderungen des Salzgehalts am Südrand des Ozeans, die mit der Stärke des Amoc korrelieren. Die Forscher haben festgestellt, dass der Salzgehalt in den letzten Jahrzehnten abgenommen hat, was auf eine Abschwächung des Amoc hindeutet. Sie berechneten auch, dass die Wahrscheinlichkeit eines Amoc-Kollapses bis zum Jahr 2100 zwischen 6 und 19 Prozent liegt, je nachdem, wie stark die Treibhausgasemissionen reduziert werden.

Die Studie ist die erste, die den Kipppunkt des Amoc mit einem derart detaillierten Klimamodell simuliert, das die komplexen Wechselwirkungen zwischen Ozean, Atmosphäre und Land berücksichtigt. Damit liefert die Studie wichtige Erkenntnisse für die Klimaforschung und die Klimapolitik, um einen Amoc-Kollaps zu verhindern oder abzuschwächen.

Der Amoc besteht aus zwei Wasserströmen: einem oberflächlichen, wärmeren, nordwärts gerichteten Strom, zu dem auch der Golfstrom gehört, und einem tieferen, kälteren, südwärts gerichteten Strom. Das Wasser an der Oberfläche erwärmt sich in den Tropen, strömt nach Norden, kühlt ab und gibt Wärme an die Luft ab. Dann sinkt es in die Tiefe und fließt als kalte Tiefenströmung wieder nach Süden. Dieser Kreislauf wird durch die Dichteunterschiede zwischen dem warmen, salzarmen Wasser im Süden und dem kalten, salzreichen Wasser im Norden angetrieben.

Der Amoc hat einen großen Einfluss auf das globale Klima, da er die Temperatur, den Meeresspiegel, die Winde und die Niederschlagsmuster in verschiedenen Regionen der Welt beeinflusst. Eine Unterbrechung oder Abschwächung des Amoc könnte daher zu dramatischen Klimaveränderungen wie einer Abkühlung in Europa, einer Erwärmung in der Antarktis oder einer Veränderung des asiatischen Monsuns führen.

Der Klimawandel beeinflusst den Amoc, indem er die Temperatur und den Salzgehalt des Meerwassers im Nordatlantik verändert. Diese Faktoren bestimmen die Dichte des Wassers, die wiederum den Antrieb für die Umwälzzirkulation darstellt².

Die Temperatur des Meerwassers erhöht sich durch die Erwärmung der Atmosphäre, die durch den Anstieg der Treibhausgase verursacht wird. Das wärmere Wasser verliert weniger Wärme an die Luft und sinkt daher weniger schnell in die Tiefe. Dadurch verringert sich der Nachschub an warmem Wasser aus dem Süden, das an der Oberfläche nach Norden strömt.

Der Salzgehalt des Meerwassers wird durch die Zunahme des Süßwassers verringert, das durch das Abschmelzen des grönländischen Eisschildes, den verstärkten Abfluss von Flüssen und vermehrte Niederschläge in den Ozean gelangt. Das Süßwasser macht das Wasser weniger salzig und damit weniger dicht. Dies erschwert das Absinken des Wassers in die Tiefe und schwächt die Umwälzzirkulation weiter.

Diese Rückkopplungen können dazu führen, dass die Zirkulation immer langsamer wird oder sogar ganz zum Erliegen kommt. Dies hätte schwerwiegende Folgen für das globale Klima, insbesondere für Europa, das von der Wärmezufuhr durch den Amoc profitiert.

Die möglichen Auswirkungen eines Amoc-Kollapses auf das globale Klima sind schwer abzuschätzen, da sie von vielen Faktoren abhängen, die noch nicht vollständig verstanden sind. Einige Studien deuten jedoch darauf hin, dass ein Amoc-Kollaps zu folgenden Veränderungen führen könnte:

Eine Abkühlung der nördlichen Hemisphäre, vor allem in Europa, Nordamerika und Nordafrika, die mehrere Grad Celsius betragen könnte. Der Grund dafür ist, dass der Amoc eine wichtige Wärmequelle für diese Regionen ist, die durch den Zusammenbruch der Meeresströmung wegfällt. Die Abkühlung könnte zu längeren und härteren Wintern, geringerer landwirtschaftlicher Produktivität, erhöhtem Energiebedarf und Gesundheitsproblemen führen.

Eine Erwärmung der südlichen Hemisphäre, vor allem in der Antarktis, Südamerika und Südafrika, die ebenfalls mehrere Grad Celsius betragen könnte. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Amoc einen Teil der Wärme aus den Tropen nach Norden transportiert, die bei einem Zusammenbruch der Meeresströmungen im Süden verbleibt. Die Erwärmung könnte zu einem beschleunigten Abschmelzen des antarktischen Eisschildes, einem Anstieg des Meeresspiegels, einer Veränderung der Meeresströmungen und einer Beeinträchtigung der marinen Ökosysteme führen.

Eine Veränderung der Niederschlagsmuster auf der ganzen Welt, die in verschiedenen Regionen zu mehr Dürren oder Überschwemmungen führen könnte. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Amoc die atmosphärische Zirkulation und die Feuchtigkeitsverteilung beeinflusst, die durch den Zusammenbruch der Meeresströmungen gestört werden. Veränderte Niederschlagsmuster könnten zu einer verringerten Wasserverfügbarkeit, einer Verschlechterung der Bodenqualität, einem Verlust an Biodiversität und einer Zunahme von Naturkatastrophen führen.

Diese Folgen eines Amoc-Kollapses sind jedoch nicht unvermeidlich, sondern hängen von der Geschwindigkeit und dem Ausmaß des Klimawandels ab, der sich auf den Amoc auswirkt. Daher ist es wichtig, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, um einen Amoc-Kollaps zu verhindern oder abzuschwächen. Es ist auch wichtig, die Beobachtung und Modellierung von Amoc zu verbessern, um seine Dynamik und Stabilität besser zu verstehen und Frühwarnsignale zu erkennen.

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