
Russell Vought – der gefährlichste Mann in Trumps Schatten
Donald Trump zieht die Schlagzeilen. Doch einer seiner wichtigsten Männer bleibt meist im Hintergrund: Russell Vought, Chef des Haushaltsamts OMB, Architekt von Project 2025, Think-Tanker mit bibeltreuer Mission. Wer ihn unterschätzt, versteht nicht, wie die amerikanische Demokratie unter Druck gerät.
Vought ist kein Lautsprecher, sondern ein Stratege. Ein Mann, der den Verwaltungsapparat wie ein Uhrwerk kennt – und ihn zerlegen will. Sein Ziel: die Exekutive stärken, die Bürokratie entmachten, Loyalisten in Schlüsselposten setzen. Er nennt das „radikalen Konstitutionalismus“. In Wahrheit ist es ein Angriff auf die Gewaltenteilung.
Seine Ideologie ist klar: christlich-nationalistisch, anti-„woke“, anti-Bürokratie. Für ihn ist Amerika „eine Nation unter Gott“. Wer Abtreibung verteidigt, Rassismus benennt oder Diversität fördert, gilt als Gegner. Neutralität des Staates? Ein Hindernis. Pluralismus? Ein Fehler.
Das Gefährliche: Voughts Ideen sind nicht bloß Papiere aus Think-Tanks. Er war Trumps Budgetchef, er hat Behörden schon ausgehungert, er weiß, wie man Hebel zieht. Und diesmal hat er ein Drehbuch in der Tasche: Project 2025, geschrieben von Heritage Foundation und Co., ist ein Katalog zur Machtergreifung im Staatsapparat.
Historische Vergleiche zeigen, wohin das führen kann:
Wie Nixon will er Checks and Balances aushebeln.
Wie Cheney nach 9/11 träumt er vom allmächtigen Präsidenten.
Wie McCarthy will er Gegner säubern – diesmal nicht Kommunisten, sondern „Woke-Ideologen“.
Anders als seine Vorgänger plant Vought keine Ausnahmen, sondern eine neue Normalität. Dauerhafte Exekutivmacht, geschrumpfte Verwaltung, durchideologisierte Politik.
Das ist die eigentliche Gefahr für die USA: Nicht der polternde Trump allein, sondern die stille Verschiebung der Machtbalance. Wenn Voughts Pläne greifen, könnte die amerikanische Demokratie nicht durch einen Putsch sterben – sondern durch Verwaltungsakte, Verordnungen und loyale Ernennungen. Leise, bürokratisch, effektiv.
👉 Den Namen „Russell Vought“ sollte man sich merken. Er ist der Mann, der Trumps autoritären Instinkt in konkrete Strukturen übersetzt. Und genau das macht ihn brandgefährlich.
Welche Ideologien vertritt er?
Vought steht für eine Mischung aus Ideologien und Überzeugungen, die, zusammengenommen, nicht nur konservativ, sondern in vielen Fällen radikal in Richtung einer starken Exekutive und einer religiös geprägten Gesellschaftspolitik gehen:
Christlicher Nationalismus
– Er sieht die USA explizit als „Nation unter Gott“ und möchte, dass christliche Werte sichtbar Einfluss haben auf Regierungspolitik und Gesellschaft.
– Dabei spricht er nicht von völliger Trennung Kirche‐Staat, sondern eher, dass Christentum nicht aus dem öffentlichen Leben verschwinden darf.
Rollback progressiver Ideologien / Kulturkämpfe
– Vought ist ein ausgesprochener Gegner von Critical Race Theory, „wokeness“, Diversitäts-, Gleichstellungs- und Inklusionsprogrammen.
– Er leistet auch aktive Arbeit, bundesstaatliche Trainings, Verträge oder Programme zu beeinflussen bzw. stoppen, die darauf abzielen, Rassismus oder „strukturelle Benachteiligung“ zu thematisieren.
Radikales Verständis von Exekutiver Macht / Konstitutionalismus
– Vought propagiert eine Art „radikalen Konstitutionalismus“, in dem die bestehende Rolle von föderalen Behörden, Bürokratien und unabhängigen Institutionen stark eingeschränkt werden soll.
– Er glaubt, dass die Exekutive („Präsident“) deutlich mehr Macht haben sollte, u.a. über „nicht unabhängige“ Behörden oder Institutionen, die traditionell als Check & Balance dienen.
Anti-Bürokratie / „Schwächung“ der Verwaltung
– Bürokratie und Bundesbehörden betrachtet er vielfach als Hindernis oder gar „Gebilde, das politisch instrumentalisiert ist“ (z. B. „woke“, ideologisch beeinflusst).
– Es gibt Pläne (z. B. Teil von Project 2025), große Teile der Beamtenschaft oder Verwaltungsapparate so zu verändern, dass sie stärker politisch kontrolliert werden können – etwa durch Umwandlung in politische Posten, Aufhebung von Schutzbestimmungen.
Sozialkonservative Werte
– Absolutes Abtreibungsverbot wird unterstützt.
– Skepsis gegenüber LGBT-Rechten, ablehnende Haltung zu fortschrittlichen Equal Rights / Gleichstellungsinitiativen. (Auch wenn nicht alle Details immer klar kommuniziert sind, ist das in seinem Umfeld erkennbar.)
Fazit — Eigene Einschätzung
Russell Vought ist kein „Randfigur-Radikaler“: Seine Ideen sind ambitioniert, radikal in Teilen und konsequent gedacht – und er hat in der Verwaltungsmacht und im organisierten konservativen Establishment die Ressourcen und Netzwerke, um Wirklichkeit zu werden.
Wenn man demokratische Prinzipien ernst nimmt – Gewaltenteilung, freie Meinungsäußerung, Rechtsstaat, Schutz von Minderheiten –, dann sind Voughts Vorstellungen und sein Wirken eine ernsthafte Herausforderung:
- Sie threaten institutionelle Resilienz.
- Sie können zur Erosion von Minderheitenrechten, Zivilgesellschaft und unabhängigen Behörden führen.
- Sie öffnen Wege zu einer Regierung, in der Exekutive über Gebühr dominiert, und in der Normen weniger zählen als Loyalität und Ideologie.
Natürlich ist nicht garantiert, dass alle seine Pläne umgesetzt werden – Gesetze, Gerichte, öffentlicher Druck, Gegenstimmen in Medien und Zivilgesellschaft können Barrieren sein. Aber Voughts Position ist gefährlich in dem Sinne, dass sie den Rahmen verschiebt – was heute noch undenkbar erscheint, könnte bald normalisiert werden, wenn man nicht wachsam bleibt.
Ausgewählte Zitate von Russell Vought
1. Bürokratie als Feindbild
Zitat (Original):
“We want the bureaucrats to be traumatized. … We want them to wake up in the morning and not want to go to work because they are increasingly seen as the villains. We want their funding to be cut off … We want to traumatize them.”
(The Guardian, 10.02.2025)Übersetzung:
„Wir wollen, dass die Bürokraten traumatisch betroffen sind. … Wir wollen, dass sie morgens aufwachen und nicht zur Arbeit gehen wollen, weil sie zunehmend als die Bösewichte angesehen werden. Wir wollen, dass ihre Finanzierung gestoppt wird … Wir wollen sie in Trauma versetzen.“
2. Radikaler Verfassungsumbau
Zitat (Original):
„The president has to move executively as fast and as aggressively as possible with a radical constitutional perspective to be able to dismantle that bureaucracy in their power centers.“
(WBUR, 12.02.2025)Übersetzung:
„Der Präsident muss exekutiv so schnell und aggressiv wie möglich handeln, mit einer radikalen verfassungsrechtlichen Perspektive, um diese Bürokratie in ihren Machtzentren zu demontieren.“
3. Keine unabhängigen Behörden
Zitat (Original):
„There are no independent agencies. … that is not something that the Constitution understands. So … the whole notion of an independent agency should be thrown out.“
(WBUR, 12.02.2025)Übersetzung:
„Es gibt keine unabhängigen Behörden. … Das ist nichts, was die Verfassung kennt. Deshalb sollte die ganze Vorstellung einer unabhängigen Behörde verworfen werden.“
4. Gesetzesgehorsam – nein danke
Zitat (Original, Senatsanhörung 2020):
Senator: „Do you believe the Impoundment Control Act is constitutional?“
Vought: „No, I don’t believe it’s constitutional. The President ran on that view. That’s his view and I agree with it.“
(US Senate Hearing, 21.02.2020, rev.com TranscriptÜbersetzung:
Senator: „Halten Sie das Impoundment Control Act für verfassungsgemäß?“
Vought: „Nein, ich halte es nicht für verfassungsgemäß. Der Präsident ist mit dieser Ansicht angetreten. Das ist seine Ansicht, und ich stimme ihr zu.“
5. Totaler Exekutivanspruch
Zitat (Original, Anhörung):
„The Constitution envisions that the bureaucracy would work for the President of the United States in Article II.“
(rev.com, Senatsanhörung)Übersetzung:
„Die Verfassung sieht vor, dass die Bürokratie nach Artikel II für den Präsidenten der Vereinigten Staaten arbeitet.“
Bildquellen
- Russell Vought: KI generiert
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