Mediale Kampagnen und parteipolitische Spiele: Die Zerstörung der Ampel-Koalition
Donald Trump erhielt Unterstützung von Elon Musk, während Lindner und die FDP auf Mathias Döpfner setzen. Dieser versteht seine Medienmacht deutlich parteiisch. Vor der Bundestagswahl forderte er die Redaktion der BILD auf: „Please stärke die FDP“. Diese enge Beziehung besteht bis heute. Nach Lindners Rücktritt titelte die BILD: „Wirtschaft steht hinter Lindner“, „Scholz wollte, dass ich meinen Amtseid breche“, „Ich habe gelitten, es hat mich menschlich aufgerieben“. Lindner als Opfer der Ampel. Dies steht jedoch in starkem Gegensatz zur Realität.
Die Geschichte der Ampel ist auch eine Geschichte des Vertrauensbruchs. Dieser begann schon wenige Wochen nach dem Start der neuen Regierung. Ein schwierigerer Start wäre kaum vorstellbar gewesen. Mit dem völkerrechtswidrigen Eingriff Russlands in die Ukraine veränderte sich die Welt. Der Koalitionsvertrag schien fast überholt. Doch die Ampel meisterte die Herausforderungen.
Die Bundeswehr wurde aufgerüstet, die Ukraine unterstützt, und die Abkehr von russischem Öl und Gas vollzogen. Niemand in Deutschland musste frieren oder hatte kaltes Wasser. Robert Habeck versuchte sogar Deutschland an die Baltic Pipe anzuschließen. Eine Pipeline von Norwegen über Dänemark bis Polen. Er bekam zur Antwort, Robert du kommst zu spät, wir haben der Großen Koalition mehrmals den Anschluss angeboten, sie lehnte jeweils ab. Die momentane Kapazität der Leitung reicht leider nicht mehr für Deutschland. Deutschland baute lieber eine zweite Pipeline nach Russland und verkaufte Gasspeicher und Raffenerien an Gazprom.
Die Ampel hat eigentlich das Beste in dieser Situation gemacht, eigentlich ein Erfolg, doch es kam anders.
Bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen halbierte sich die Zahl der FDP-Wähler. Die FDP fiel auf 6,4 %. Dramatisch wurde es am 9. Oktober in Niedersachsen. Die FDP flog krachend aus dem Landtag. 4,7 %. Die Parteispitze gab die Losung aus: “Wir müssen dafür stehen und verhindern, dass linke Projekte dieser Koalition umgesetzt werden. Das ist klar erkennbar. Linke Projekte verhindern.“ Ab diesem Moment ging die FDP in den Oppositionsmodus. Sofort torpedierte sie den gemeinsamen Beschluss, die verbliebenen AKW bis Frühjahr 2023 laufen zu lassen.
Funktioniert hat das nicht. Jedenfalls nicht bei der Landtagswahl in Berlin im Februar ’23. Die FDP flog aus dem nächsten Landtag. Nach jeder Landtagswahl verlor die FDP, die Analyse der Parteispitze: “ Wir müssen uns mehr profilieren, wir müssen mehr zum Scheiden kommen in dieser Koalition. Es muss klar sein, dass wir das Korrektiv sind.“ Einige Wähler sahen dies als Blockadehaltung. Korrektiv oder Blockade?
Ab Ende Februar ’23 kam beides zusammen – in der Heizungsdebatte. Der unfertige Wettbewerb ist eine Chance, die die Bundesregierung nicht mehr vertrauen lässt. Der unfertige und übereifrige Entwurf des Gebäude-Energie-Gesetzes aus dem Ministerium von Robert Habeck wurde der Bild-Zeitung zugespielt. Die titelt „Habeck will Öl- und Gasheizungen verbieten“. Das stand nicht im Entwurf, doch der Ton war gesetzt. Und in der Regierung wurde noch mehr Vertrauen zerstört. Kurz vor der Bundestagswahl hatte der Springer-Chef und FDP-Unterstützer Matthias Döpfner der Bild-Redaktion aufgetragen. „Please stärke die FDP.“ Im Heizungsstreit fuhr die Bild eine wochenlange Kampagne. Die Grünen erlebten ein Desaster, während die FDP als Bollwerk gegen den „Heizhammer“ inszeniert wurde. Robert Habeck machte viele Fehler. Doch auch die FDP entwickelte keine klare Identität in dieser Koalition. Denn als das Heizungsgesetz endgültig verhandelt war, stimmte Christian Lindner im Kabinett zu. Er ermutigte jedoch gleichzeitig die Abgeordneten seiner Fraktion, weitere Korrekturen anzubringen. In stundenlangen Nachtsitzungen wurde der Gesetzentwurf immer wieder geändert. Mehrfach stimmte die FDP Vereinbarungen zu, die sie später im Parlament torpedierte.
Die FDP verfolgte eine Doppelstrategie. Sie beschloss auf Kabinettsebene Gesetze, um sie von anderen Fronten zu kritisieren. Geholfen hat auch das nicht. Im Oktober 2023 flog die FDP auch in Bayern aus dem Landtag. Die Grundlage für den endgültigen Bruch kam kurz danach. Am 15. November 2023. Der Streit um den Bundeshaushalt. Das Verfassungsgericht urteilte, dass die Regierung nicht genutzte Corona-Kredite verfassungswidrig umgewidmet habe. Plötzlich fehlten 60 Mrd. Euro. Die Nerven lagen blank. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts war der Sargnagel für diese Koalition. Damit verlor die gemeinsame Geschäftsgrundlage ihre Gültigkeit. Ab jetzt agierte die FDP offensiv als Opposition. In der eigenen Regierung. Etwa beim Bürgergeld. Finanzminister Lindner äußerte sich Anfang Januar während der Bauernproteste: „Es ärgert mich, dass ich vor Ihnen als dem fleißigen Mittelstand über Kürzungen sprechen muss. Während auf der anderen Seite in unserem Land Menschen Geld bekommen fürs Wohlhaben. Und Geld bekommen fürs Nichtstun.“
Beim Thema Migrationspolitik wechselte der FDP-Generalsekretär ganz offen die Seiten, Djir-Sarai an die CDU gerichtet: „Es gibt keine Ampel in der Migrationspolitik. Wir als FDP stehen Ihnen näher als unsere Kollegen von der Koalition.“ Auch die Einigung auf den neuen Bundeshaushalt kündigte der Finanzminister wieder auf. Über die Presse, während der Kanzler im Sommerurlaub ist. Geholfen hat es wieder nicht. Bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland im September rutschte die FDP teils unter 1 %, geführt nur noch unter den sonstigen. Ich glaube, dass Christian Lindner sehr lange gewartet hat, geschaut hat, kalkuliert hat. Was schadet mir mehr, was nützt mir mehr? Drinbleiben in der Koalition oder nicht? Er kam zu dem Ergebnis, für uns ist es besser, wir gehen raus. Wir tun so, als würden wir das Land befreien von dieser furchtbaren Koalition, die wahnsinnig unbeliebt ist. Besonders bei den potenziellen Wählerinnen und Wählern der FDP. Am Ende ging es wohl nur noch um Taktik. Wer schafft den besseren Abgang? Wer startet besser in den Wahlkampf? Der Wille zum Kompromiss erschöpfte sich. Die Ampel ist jetzt Geschichte. Der Schaden für die Demokratie bleibt.
Nachtrag:
Laut aktuellen Medienberichten soll sich die FDP seit Ende September 2024 akribisch auf ein mögliches Ende der Ampel-Koalition vorbereitet haben.
Die Zeit und Süddeutsche Zeitung haben dazu recherchiert.
Hier sind die wichtigsten Punkte:
Vorbereitungen der FDP
– In mehreren Treffen sollen verschiedene Szenarien für ein Koalitionsende durchgespielt worden sein[1][2].
– An diesen Treffen nahmen offenbar auch die damaligen FDP-Minister teil[1][2].
– Die FDP soll ein 18-seitiges Wirtschaftspapier als „Torpedo“ bezeichnet haben[6].
Reaktionen der SPD
– SPD-Politiker reagierten empört auf diese Berichte[1][5].
– Arbeitsminister Hubertus Heil bezeichnete das Verhalten der FDP als „Bösartigkeit als Methode“[1][5].
– SPD-Generalsekretär Matthias Miersch warf der FDP „politischen Betrug“ vor und forderte eine Entschuldigung[8].
– SPD-Chefin Saskia Esken sagte, die FDP habe sich „als politische Kraft disqualifiziert“[8].
Stellungnahme der FDP
– Die FDP äußerte sich bisher nur zurückhaltend zu den Vorwürfen[7].
– Ein FDP-Sprecher erklärte, es habe „immer wieder und in verschiedenen Runden eine Bewertung der Regierungsbeteiligung“ gegeben[6].
– FDP-Chef Christian Lindner sieht in den Berichten keine Neuigkeit und verweist auf frühere Überlegungen von Kanzler Scholz zu seiner Entlassung[3].
Hintergrund
– SPD und FDP hatten sich in den Tagen zuvor gegenseitig die Schuld am Koalitionsbruch zugewiesen[1][4].
– Der Bruch der Ampel-Koalition erfolgte am 6. November 2024, als Bundeskanzler Scholz Finanzminister Lindner entließ[8].
Die Berichte haben zu heftigen Diskussionen und gegenseitigen Vorwürfen zwischen den ehemaligen Koalitionspartnern geführt. Während die SPD der FDP Vertrauensbruch vorwirft, betont die FDP, dass Überlegungen zu verschiedenen Szenarien normal seien.
weitere Quellen:
[1] Tagesschau
[2] BILD
[3] Tagesspiegel
[4] FAZ Net
[5] Die Zeit
[6] Tagesschau
[7] BR
[8] taz
Bildquellen
- Ampel-Aus: Bundestag-Bilddatenbank, pixabay